Es zeigt sich in unseren Mitarbeiterbefragungen, dass sich Mitarbeiter heutzutage am Arbeitsplatz eher überschätzen. Ganz im Gegensatz zu früher, wo in Führungsfeedbacks das Eigenbild sehr oft schlechter eingeschätzt wurde als das Fremdbild.
Das hat dazu geführt, dass in Mitarbeiterbefragungen die folgenden Fragen regelmässig kritisch beurteilt werden:
- XY nutzt meine Fähigkeiten und mein Potenzial
- Meine Führungskraft sieht mein Potenzial und fördert mich
- Bei XY werden die freien Stellen an die richtigen Personen gegeben
- Ich sehe bei XY die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten, die ich mir wünsche
Dies hat nicht unbedingt etwas mit der Organisation zu tun, sondern kann ein Indiz für Selbstüberschätzung sein. Überschätzen sich Vorgesetzte oder Mitarbeitende, wird dies zu einem ernsthaften Problem für das Unternehmen. Denn häufig bringen sie zwar nicht die geforderte Leistung, sorgen aber für schlechte Stimmung im Team.
Ein Thema der Generation Y?
Dies wird vermehrt – aber nicht nur – bei jungen Führungskräften/Mitarbeitenden aus der Generation Y beobachtet. Lesen Sie dazu auch unseren spannenden Blogbeitrag „Multi-Generational Workplace“: Spannungen und Chancen.
Selbstüberschätzung und Leistung
Die Sozialpsychologen David Dunning und Justin Kruger haben in ihren Studien festgestellt, dass insbesondere inkompetente Menschen ihre eigenen Fähigkeiten oft überschätzen. Laut Dunning und Kruger gehen schwache Leistungen häufiger mit einer ausgeprägten Selbstüberschätzung einher als dies bei besseren Leistungen der Fall ist.
Der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet die kognitive Unfähigkeit, sich selbst richtig zu beurteilen. Dunning konnte zudem aufzeigen, dass dieser Effekt umso stärker wirkt, je höher eine Person ihre eigene Kompetenz einschätzt.
Die Rolle der Vorgesetzten
Menschen, die sich selbst überschätzen, können die Fähigkeiten anderer Personen weder erkennen noch anerkennen. Veränderung beginnt jedoch immer mit Selbsterkenntnis. Deshalb sollten Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden auf die „Fehleinschätzung“ aufmerksam machen. Dies setzt selbstverständlich Empathie und Fingerspitzengefühl voraus.
Ein Führungsfeedback unterstützt Führungskräfte
Besonders anspruchsvoll wird es, wenn eine Führungskraft zu Selbstüberschätzung neigt. Mit einem 360 Grad Führungsfeedback wird das Eigen- und Fremdbild professionell abgeglichen. So können die Stärken und Entwicklungspotenziale der Führungskraft erkannt und angegangen werden, was die Führungsqualität erheblich steigert.
Der goldene Mittelweg
Grundsätzlich schätzen sich viele Menschen nicht ganz richtig ein, es kommt jedoch immer auf den Grad der Abweichung an. Probleme können sowohl bei Selbstüberschätzung als auch -unterschätzung entstehen. Unsichere Mitarbeitende sabotieren unter Umständen unbewusst ihre eigene Karriere. Man spricht in diesem Fall auch vom Impostor-Syndrom. Der Begriff „Hochstapler-Syndrom“ (original: impostor phenomenon) wurde erstmals 1978 in einem Artikel von Pauline R. Clance und Suzanne A. Imes eingeführt. Es beschreibt das Gefühl, ein/e Hochstapler/in zu sein, die/der eigentlich nicht genügend qualifiziert ist.
„Ich bin nicht gut genug“ steht hier im genauen Gegensatz zu den Personen, die zur Selbstüberschätzung neigen und glauben, ihnen stehe eigentlich eine noch viel höhere oder verantwortungsvollere Position zu. Optimal wäre ein Mittelweg: Die eigenen Leistungen nicht ständig herausstellen und überbewerten, sie jedoch auch nicht unterschätzen.
Die professionellen Dialoginstrumente von ValueQuest unterstützen Vorgesetzte in ihrer Entwicklung und helfen dabei, eine offene Dialogkultur innerhalb der Organisation zu etablieren. Lesen Sie mehr dazu auf unserer Homepage www.valuequest.ch. Gerne beraten wir Sie auch persönlich unter 044 786 32 52.
Gefallen Ihnen unsere Blogbeiträge? Dann folgen Sie uns auf unserer Linkedin-Unternehmensseite!
Beitrag veröffentlicht am 10. März 2022
Über Heidi Blanken

Heidi Blanken ist Expertin und Advisor bei ValueQuest mit Fokus auf Evaluation und methodische Beratung. Sie hat Psychologie mit Schwerpunkt Methodenlehre sowie Wirtschaft und Arbeitsrecht an der Universität Zürich studiert und als lic. phil. I abgeschlossen.
Inspiriert? Dann teilen Sie diesen Beitrag über Ihre bevorzugte Plattform.
Weitere Beiträge, die Sie interessieren könnten ...
Inspirierende Arbeitsplätze: Unsere Umfrage zu Schweizer Arbeitsplätzen im BLICK
16. Mai 2025
Lesezeit: 1 min
Die Ergebnisse unserer neuen Arbeitsplatzstudie haben nicht nur bei unserem Webinar für Aufmerksamkeit gesorgt, sondern auch in den Medien. Der Wirtschaftsredaktor Michael Hotz von der Zeitung Blick hat...
Inspiration als Produktivitätsfaktor: Neue Arbeitnehmerstudie zeigt Defizite in Schweizer Unternehmen
13. Mai 2025
Lesezeit: 13 min
Mitarbeitende inspirieren bedeutet, sie für den Wandel in disruptiven Zeiten zu begeistern. (Bild: Pexels) Produktivität durch Inspiration: Schweizer Unternehmen lassen grosses Potenzial ungenutzt. Laut unserem neuen „Inspiring...
Mitarbeiterbefragungen: Vorlagen, Fragen, Tipps und Checkliste
30. April 2025
Lesezeit: 10 min
Vom Fragebogen zur Veränderung. Mitarbeiterbefragungen sind nur dann wirksam, wenn Taten folgen. (Bild: Pexels) Rund 80 % der grossen und mittelständischen Unternehmen (KMU) führen regelmässig Mitarbeiterbefragungen durch,...
Künstliche Intelligenz als Spielveränderer im Recruiting
14. April 2025
Lesezeit: 9 min
Diskriminative KI-Modelle, die sich auf die Klassifizierung und Analyse von Daten konzentrieren, sind seit längerer Zeit in der Forschung und in praktischen Anwendungen etabliert. So auch im Personal-...
Chancen und Risiken von KI für die Personalsuche
27. Januar 2025
Lesezeit: 6 min
Für Personalerinnen und Personaler ist künstliche Intelligenz (KI) ein zweischneidiges Schwert. Ersetzen Algorithmen künftig Erfahrung und Bauchgefühl bei der Selektion von Talenten? Und: Wie kann dabei verhindert werden,...
Nur so können Sie Empowerment richtig umsetzen!
15. Oktober 2024
Lesezeit: 4 min
Empowerment ist mehr als nur ein „Buzzword“ – es ist ein entscheidender Faktor für den Unternehmenserfolg. Es fördert eigenverantwortliches Handeln und innovatives Denken bei den Mitarbeitenden. Doch wie...
Nur so funktioniert Empowerment!
14. Oktober 2024
Lesezeit: 4 min
Empowerment nimmt sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmende in die Pflicht. Eine Seite der Medaille ist, dass Arbeitgeber:innen bereit sein müssen, ihre Mitarbeitenden zu empowern. Die andere Seite der...
Mitarbeitende empowern – was zählt, ist die Wahrnehmung der Mitarbeitenden
14. Oktober 2024
Lesezeit: 2 min
Empowerment gilt als Schlüssel zur Steigerung von Motivation, Innovation und Produktivität. Wie wirksam können Empowerment-Massnahmen wirklich sein, wenn Mitarbeitende sie als Farce wahrnehmen? Während strukturelle Massnahmen wichtig sind,...
Mitarbeitende empowern – unternehmerisches Handeln aller stärken!
14. Oktober 2024
Lesezeit: 4 min
Rund 80 % der Mitarbeitenden in Schweizer Unternehmen schöpfen nicht ihr volles Potenzial aus und bleiben in puncto Produktivität, Leistung und Motivation unter ihren Möglichkeiten – so die...